"König Fußball" in Rünthe

Die ersten Fußballer des Arbeiter Turnvereins "Vorwärts Rünthe" weihten 1927 den Sportplatz am Schacht III ein. (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)
Die ersten Fußballer des Arbeiter Turnvereins "Vorwärts Rünthe" weihten 1927 den Sportplatz am Schacht III ein. (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)

Mit der Dorfmeisterschaft, die der SuS Rünthe jährlich veranstaltet, rückt der Sportplatz am Schacht III in den Mittelpunkt des Freizeitgeschehens. Die Anlage wird mit viel Herzblut in Schuss gehalten und ist ein sportliches Aushängeschild für Rünthe.  Tatsächlich kann der Platz bald sein 100-jähriges Bestehen feiern. Im Mai 1926 fiel im damaligen Gemeinderat von Rünthe die Entscheidung für den Bau der Sportstätte. Weil die Altgemeinde über keine eigene Fläche an einem geeigneten Standort verfügte, erfolgte ein Grundstückstausch mit der Zeche Werne. So wurde der Sportplatz am Zechenweg in direkter Nachbarschaft zum Schacht III angelegt. Die erforderlichen Planierarbeiten führte das Rünther Bauunternehmen von Benedikt Piontek durch. Seine Familie führte später auch die Gaststätte an der damaligen Schulstraße 54.

Im Jahre 1927 gründete sich dann der Arbeiter-Turnverein (ATV) „Vorwärts Rünthe“, der den Freizeitsport im Ort auf ein neues Fundament stellen sollte. Zwar wurde schon ab 1908 Fußball gespielt, doch dem eigens dafür gegründeten Verein „Blau-Weiß Rünthe“ mangelte es an einer entsprechenden Anlage und wohl auch an Rückhalt bei der Obrigkeit. Der Legende nach traf man sich notgedrungen zum Pöhlen auf einem Acker des Bauern Schulze-Elberg. Schließlich war das Deutsche Reich eine Nation der Turner, der Fußball steckte noch in den Kinderschuhen, wurde mit viel Argwohn betrachtet und galt als „Proleten-Sport“, der vor allem die Jugend begeisterte. Den Schwung der jungen Leute nahm der ATV bei seiner Gründung auf und bot neben dem Fußball auch das klassische Turnen, Wandern und den Kanu-Sport an. Neben dem sozialdemokratisch geprägten ATV „Vorwärts Rünthe“, gab es ab 1930 auch eine Arbeitersportgruppe der im Ort stark vertretenen Kommunisten, die sich „Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit“ nannte, im Volksmund kurz „Rot-Sport“.

Am 2. Juni 1927 berichtete der "Volkswille" über den neuen Sportplatz in Rünthe. (Quelle: www.zeitpunkt.nrw)
Am 2. Juni 1927 berichtete der "Volkswille" über den neuen Sportplatz in Rünthe. (Quelle: www.zeitpunkt.nrw)

Am 29. Mai 1927 wurde der Sportplatz am Schacht III mit zwei Freundschaftsspielen gegen die erste und zweite Mannschaft des Freien Sportvereins (FSV) Münster, ebenfalls ein Arbeiter-Sportverein, eingeweiht. Zwischen den Spielen fand ein großer Festumzug durch die Gemeinde statt. Schon damals ließen sich die Rünther begeistern. Die sozialdemokratische Tageszeitung „Volkswille“ berichtete in ihrer Ausgabe am 2. Juni: „Den zahlreich erschienenen Zuschauern wurde ein spannender und technisch auf hoher Stufe stehender Kampf geboten, der dem Arbeiter-Fußballsport manchen neuen Anhänger zugeführt haben dürfte.“

Die Spielvereinigung Rünthe im Nationalsozialismus. Drei Spieler heben für das Foto nicht den rechten Arm zum Gruß, sondern den linken. (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)
Die Spielvereinigung Rünthe im Nationalsozialismus. Drei Spieler heben für das Foto nicht den rechten Arm zum Gruß, sondern den linken. (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)

Schon sechs Jahre später zogen für den ATV dunkle Wolken auf. Als Arbeiter-Turnverein, der aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hervorgegangen war, musste man nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mit einem Verbot rechnen, das man durch einen Trick zu umgehen versuchte: Der Verein benannte sich einfach in „Spielvereinigung Rünthe“ um. Tatsächlich blieben die Fußballer danach unbehelligt. Anders erging es den Mitgliedern von „Rot-Sport“, die schon bald nach der Machtergreifung drangsaliert oder verhaftet wurden.

Die Jugend der Spielvereinigung 1941. Obere Reihe v.l.n.r.: Karl-Heinz Hesse, Alfred Wenzel, Willi Arnold, Felix Moses, Willi Senke. Untere Reihe v.l.n.r.: Ernst Raupach, Willi Loose, Emil Korte, Fritz Zeidler, Fritz Radke, Erich Achtzehn.
Die Jugend der Spielvereinigung 1941. Obere Reihe v.l.n.r.: Karl-Heinz Hesse, Alfred Wenzel, Willi Arnold, Felix Moses, Willi Senke. Untere Reihe v.l.n.r.: Ernst Raupach, Willi Loose, Emil Korte, Fritz Zeidler, Fritz Radke, Erich Achtzehn.

Nach Krieg und Diktatur wurden die Karten im Lokalsport neu gemischt. Sollte zunächst der ATV in Rünthe wieder aufleben, entschied man sich dann für eine „unpolitische“ Variante, die zu keiner Partei eine Nähe aufweisen durfte. Aus der Spielvereinigung wurde der SuS Rünthe. Auch die Kanusportler und die Turner gründeten ihren jeweils eigenen Verein.

 

Ob der SuS in drei Jahren das 100-jährige Bestehen der Anlage am Schacht III feiern wird, steht in den Sternen. Es gäbe Grund genug, die sportliche Begegnung von 1927 anlässlich des Jubiläums mit einer Mannschaft aus Münster zu wiederholen. Damals verlor Rünthe 0:2 und 0:1. Das ruft auch 100 Jahre später nach einer Revanche!

Jugend des Sus Rünthe im Jahre 1954. (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)
Jugend des Sus Rünthe im Jahre 1954. (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)
Arbeiter-Turnverein "Vorwärts Rünthe", Alt-Herren, 1932 (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)
Arbeiter-Turnverein "Vorwärts Rünthe", Alt-Herren, 1932 (Bildnachweis: Nachlass Ernst Raupach)